Derzeit werden neue Hospizler ausgebildet. In 96 Unterrichtseinheiten geht es um Nähe und Distanz, die Reflektion des eigenen Sterbens, Kommunikation, Rituale, Kinästhetik, den Umgang mit Demenz, Selbstfürsorge und um Biografiearbeit. Foto: Grégoire
Die Arche bildet Ehrenamtliche zu ambulanten Hospizhelfern aus
Lüdenscheid – „Das ist mein Engel“, mit diesen Worten wurde Ute Gall von einer Angehörigen auf einer Beerdigung vorgestellt. Ute Gall ist Leitende Koordinatorin eines ambulanten Hospizes, begleitet Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt und leistet in diesen ganz sensiblen Stunden Beistand. Derzeit findet wieder bei der Arche im Martinushaus ein Seminar statt, in dem Ehrenamtliche zu ambulanten Hospizhelfern ausgebildet werden.
„Den Sterbenden und seine Angehörigen umsorgen zu dürfen, ist ein Geschenk, eine segensreiche Aufgabe“, sagt Ute Gall, die gemeinsam mit Christine Hüsken und Annette Voß das Seminar leitet. „Die Arche ist ein Boot von Menschen, die alle die gleiche Gesinnung haben.“
In 96 Unterrichtseinheiten werden verschieden Themen beleuchtet: Nähe und Distanz, die Reflektion des eigenen Sterbens, Kommunikation, Rituale, Kinästhetik, der Umgang mit Demenz, Selbstfürsorge, aber auch Biografiearbeit. Dieser Kurs wird zum Teil von der evangelischen Perthes Stiftung bezuschusst, außerdem mit Spenden der Sparkasse Lüdenscheid und VDM Metals aus Werdohl unterstützt. Für die Teilnehmer entsteht ein Unkostenbeitrag von 50 Euro für die Verpflegung.
Auch nach ihrer Ausbildung werden die Hospizler nicht allein gelassen. Der erste Praktikumseinsatz wird begleitet, Austausch finden die Hospizler bei den monatlichen Treffen, bei Fortbildungen und Supervisionen. Als Dank für die ehrenamtliche Arbeit werden ein Sommerfest und eine Weihnachtsfeier ausgerichtet. 47 ehrenamtliche Hospiz-Mitarbeiter arbeiten in den Ortsgruppen Lüdenscheid, Altena, Nachrodt, Neuenrade, Werdohl, Halver und Schalksmühle.
Alteneinrichtungen, Palliativstationen oder Privatpersonen können sich bei der Arche melden, wenn sie einen Angehörigen haben, der auf seinen letzten Lebensabschnitt zugeht. Nach einem Erstbesuch wird entschieden, welcher Ehrenamtler eingesetzt wird. „Die Ehrenamtler bringen das mit, was sie ausmacht: ihr Charakter, ihre Zeit und ihre Ohren. Sie sind für die Patienten und ihre Angehörigen da“, erläutert Gall. „Oft reicht es aus zuzuhören, es kann aber auch eine stundenweise Betreuung sein, um den Angehörigen zu entlasten. Wir haben aber auch schon mal eine Feierlichkeit ausgerichtet, je nachdem, was auf dem Wunschzettel des Sterbenden steht. Es geht darum, für die noch zu verbleibende Zeit die Lebensqualität zu erhöhen. Wir begleiten den Trauer – und Abschiedsprozess, ohne den Angehörigen oder dem Patienten etwas überzustülpen.“
„Ich möchte über den Tellerrand schauen. Ich bin in meinem Leben sehr reich beschenkt worden und möchte etwas zurückgeben“, erzählt Kursteilnehmerin Karin. Michaele stimmt ihr zu: „Bei mir ist es ähnlich. Ich habe bereits einige Trauerfälle in der Familie erlebt und auch schon eine Trauerakademie besucht, um eine andere Sichtweise zum Tod zu bekommen. Ich fühle mich kompetent genug, um Menschen in ihrer Trauer andere Wege aufzuzeigen. Ich möchte mich gerne für trauernde Kinder engagieren, die ein Geschwisterkind oder Elternteil verloren haben.“
Margot dagegen sieht ihre Berufung in der Sterbebegleitung alter Menschen. „In den Altenheimen ist oft keiner für die Sterbenden da. Die Schwestern und Pfleger sind überfordert und die Angehören distanzieren sich oft. Die alten Menschen sind so dankbar, wenn jemand für sie da ist, ihnen die Hand hält oder etwas vorliest.“ Elvira erzählt: „Kurz nachdem mein Mann verstarb, wurde meine Mutter dement. Der schlimmste Moment war, als sie mich nicht mehr erkannte. Erst fehlte mein Mann als Gesprächspartner, dann meine Mutter. Wenn es bei meiner Mutter mal soweit ist, kann ich anders mit dem Tod umgehen.“
Katja hat bereits im Bereich Klinikseelsorge gearbeitet. „Man wächst mit seinen Aufgaben“, weiß sie. „Dieses Vakuum – die Mischung aus Angst und Nichtwahrhabenwollen – füllt sich. Ich habe gelernt, dass das Leben aus der Geburt und aus dem Sterben besteht – durch diese Erfahrung bin ich sehr reich beschenkt worden. Es ist wie ein Bild, was keine Perspektive hat. Das Lebensbild bekommt Tiefe und wird vollkommen.“
„Wir lernen hier im positiven Sinne Grenzen zu überschreiten“, bringt es Ludwig auf den Punkt. Durch unsere Arbeit wird das Tabuthema Tod entfremdet.“
Die Arbeit der hauptamtlichen Arche-Mitarbeiter ist es, die Angehörigen in ihrer Trauer zu beraten, die Beerdigung zu besprechen. „Vielen Familien ist es ganz wichtig, in Ruhe Abschied zu nehmen, da gilt es die Angehörigen zu entschleunigen“, erzählt Ute Gall. Die Schwierigkeit des ambulanten Hospizes liege in der Refinanzierung der Arbeit. „Die Autos, das Büro, die hauptamtlichen Angestellten – alles muss vorfinanziert werden. So gilt es, ständig Spenden zu akquirieren.
20.02.2017 – Lüdenscheider Nachrichten